Berner Zeitung BZ, 15. August 2012

Text: Stephan Künzi
Bild: Beat Mathys
Berner Zeitung BZ, 15. August 2012

 

Aus der Ruine entsteht ein Neubau

Das Elternhaus von Fritz Bill in Moosseedorf ist so baufällig, dass es nun doch neu aufgebaut werden muss.
Vom Erbe profitiert eine jugendpsychiatrische Wohngruppe.

Das kleine Bauernhaus hat wahrlich schon bessere Zeiten erlebt. Schief hängen die Ziegel auf dem Dach, aus der Verkleidung der Ründe fallen bereits die Holzlatten heraus, auf der Rückseite ist ein Teil des Vorbaus sogar gänzlich eingebrochen. «Er hat den letzten strengen Winter nicht überlebt», stellt Roland Rüfenacht trocken fest.

Rüfenacht ist Präsident der Stiftung Fritz Bill-Heldner, und er hat zum Ortstermin an den Lindenweg gleich beim Bahnhof Moosseedorf eingeladen. Mit von der Partie ist auch Gemeinderat Hans Gamper, und beide weisen mit Bedacht auf den Zaun, der das Gelände vom Weg trennt. Das Haus zu betreten, sei zu gefährlich, betonen die beiden und erzählen, was sie selber beim letzten Mal in Innern angetroffen haben. Zwei Jahre ist es mittlerweile her, und schon damals war im Schlafzimmer ein Balken direkt auf das darunterstehende Bett gestürzt.

Bescheidenes Leben
Fritz Bill war ein Mann, der keine besonderen Ansprüche an sein Leben stellte, vielleicht sogar einer, der zu sehr aufs Geld bedacht war. So schildern Rüfenacht und Gamper den Mann, der vor fünf Jahren gestorben ist und der Öffentlichkeit sein Hab und Gut vermacht hat. Damit eine Stiftung gegründet werde und diese etwas für benachteiligte Jugendliche tue – so hat es der Stifter im Testament nach einem Besuch in einem Heim festgelegt, der ihm sehr zu Herzen gegangen war. Nach ein paar Landverkäufen umfasst ihr Vermögen heute neben der Liegenschaft rund drei Millionen Franken in bar.

Bill selber war es am wohlsten in seinem bescheidenen Haus, in dem er schon aufgewachsen war. So kam es, dass er nach dem Tod seiner Frau an den Ort seiner Jugend zurückzog, nachdem er lange Jahre in einem Block zur Miete gewohnt hatte. Dabei nahm er in Kauf, dass er fortan ohne bequeme Zentralheizung und ohne Dusche auskommen musste. Und dass die Wasserleitungen hier und dort leckten, störte ihn auch nicht weiter.

Es wurde 2009
So schlimm wie heute war das Gebäude zu der Zeit aber noch nicht dran. «Wahrscheinlich hätten wir es vor ein paar Jahren noch retten können», blickt Gemeinderat Gamper zurück. Ursprünglich war das auch die Absicht der Behörden gewesen – doch es kam anders.

Die Absicht, sein Erbe der Gemeinde zu überlassen, hatte Bill schon 2004 formuliert. Weil das Haus schon damals sanierungsbedürftig war, wollten ihn die Behörden ihn dazu bringen, noch zu Lebzeiten in eine Sanierung einzuwilligen. Allein, er hielt dies für völlig überflüssig und lebte so einmal mehr seinem Ruf nach, ein Querkopf zu sein. Auch nach seinem Tod ging es nicht anders weiter, denn nun brauchte der Erbgang seine Zeit, kurz: Bis die Stiftung gegründet und handlungsfähig war, wurde es Spätsommer 2009.

Jugendliche ziehen um
Damit war es für das alte Gebäude endgültig zu spät. «Wir werden es abreissen und durch einen Neubau ersetzen», erklärt Rüfenacht. Dieser werde sich ins Ensemble des noch immer bäuerlich geprägten Dorfkerns einfügen und sei mit der Denkmalpflege abgesprochen. So wird auch beim neuen Haus das Holz eine wichtige Rolle spielen. Es nimmt die heutigen Dimensionen auf und folgt der klassischen dreiteiligen Struktur mit Wohnung, Tenn und Stall. Nebenan steht das – ebenfalls neue – Stöckli.

Den Neubau beziehen werden die UPD Waldau mit einer Wohngruppe der Jugendpsychiatrie. Acht Jugendliche werden künftig in Moosseedorf leben, hier in Ateliers Beschäftigung finden, in einem speziellen Schulungsraum auch Wissenslücken füllen können. Heute ist die Wohngruppe in der Liebegg in der Stadt Bern ansässig. Sie muss diesen Standort verlassen, weil der Vermieter Eigenbedarf angemeldet hat.

Mit dieser Lösung kann die Stiftung ihrem Zweck nachleben. Sie hofft, dass der Neubau Ende 2013 bezugsbereit ist. Dafür will sie die ganzen 3 Millionen Franken Stiftungsvermögen einsetzen.

(Berner Zeitung)

 

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